Freitag, 1. Februar 2013

Walter/Halvorson/Evans - Mechanical Malfunction (Thirsty Ear)



Mit Electric Fruit haben Mary Halvorson, Weasel Walter und Peter Evans vor zwei Jahren ihr Debüt als Trio gegeben – ein Debüt indes, mit dem sich das Trio umgehend unter die spannendsten Vertreter der improvisierten Musik einreihte. Das wiederum ist bei genauerer Betrachtung keine allzu große Überraschung, denn in anderen Formationen haben diese drei Musiker natürlich schon seit längerem ihr Können unter Beweis gestellt: Halvorson (Gitarre) und Evans (Trompete) gehören zweifellos zu den gefragtesten jungen Musikern der Improvisationsszene und haben u.a. schon mit Größen wie Anthony Braxton bzw. Evan Parker zusammengespielt. Und auch der umtriebige Weasel Walter – auf diesen Seiten fast schon Dauergast – zählt mit seinem kompromisslosen Musikverständnis zu den interessantesten Figuren der Szene. Ihr neues Werk Mechanical Malfunction stellt nun insofern eine Abkehr von Electric Fruit dar, als es auf dem Vorsatz gründet, die Improvisation in einen stärker ausgeprägten kompositorischen Rahmen zu bannen – was freilich noch lange nicht heißt, dass wir es hier mit Songs im landläufigen Sinne zu tun haben.

Walter, Halvorson und Evans, das sind also drei profilierte Musikerpersönlichkeiten – und drei unterschiedliche Weisen, sich dem Komponieren, und der Musik im Allgemeinen, zu nähern. Tatsächlich lassen sich, wenigstens idealtypisch, für jede/n der drei Musiker charakteristische Vorlieben und Kompositionsstile unterscheiden: Walters Stücke etwa werden seinem Ruf als Punk/Metal-Rabauken zweifellos gerecht; Er bevorzugt eine Art modernistische Rockmusik, repetitiv und wuchtig, mit Drums, die nicht so sehr antreiben als vielmehr den Zeitfluss in Stücke schlagen. Nachzuhören ist dies insbesondere im dissonanten Jazz-Thrash von Vektor. Walter zeichnet zudem mit Interface für den längsten Song des Albums verantwortlich, für einen Song, der mit seinen wirbelnden Blastbeats und dem dazu querstehenden Kontrapunkt von Gitarre und Trompete dort weitermacht, wo die Flying Luttenbachers mit Infection and Decline aufgehört haben – nur diesmal weitgehend unverzerrt und mit Raum für Improvisationen.
Mary Halvorsons Kompositionen dagegen weisen sie als die (vergleichsweise) traditionellste „Songwriterin“ des Trios aus. Ein Stück wie Broken Toy lässt so etwas wie Entwicklung erkennen, eine Idee rollt vergleichsweise rund aus der anderen heraus; Und mit The Last Monkey On Earth ist der Gitarristin sogar eine Art Ballade gelungen: Vereinsamte, gleichsam fragende Gitarrenakkorde – Ist dort draußen noch jemand? – werden von erstaunlich nuancierten Drums begleitet (Walter ist also doch kein bloßer Haudrauf), während Evans das Affengekreisch imitiert.
Der Name des Trompeters schließlich kann für das andere, dem Song abgewandte, Extrem stehen: Er interessiert sich nicht für das Songganze, sondern gleichsam für die Einzelteile. In den passend betitelten Stücken Klockwork und Malfunction nimmt er einzelne Motive in den mikroskopischen Blick, dreht und wendet sie, sucht gleichsam nach einer neuen Funktion für die Rädchen des kaputtgegangenen Uhrwerks – Die Fehlfunktion wird zur Chance, das Gerät auf ungeahnte Weise neu zusammenzusetzen…..
Improvisierte Musik, auch der „avantgardistischen“ Art, gibt es wie Sand am Meer, und es nicht einfach, gerade für dieses oder jenes Album zu argumentieren. Dennoch scheint dieses Trio spätestens jetzt, mit Mechanical Malfunction, einen Weg gefunden zu haben, der an den zweifellos auch in der Improvisationsszene vorhandenen Klischees vorbeiführt. Auf dem Papier freilich ist es einigermaßen schwer dies zu vermitteln; So wäre es eine Verkürzung, einfach von einer Mischung von Elementen aus Jazz, freier Improvisation und Neuer Musik zu sprechen – der Eigenständigkeit dieser drei musikalischen Charaktere würde es in dieser Allgemeinheit nicht gerecht.

http://www.thirstyear.com/

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