Samstag, 24. November 2012

Kayo Dot - Gamma Knife/Grey Dream (Antithetic)


Lethe ist in der griechischen Mythologie jener Fluss, der den Seelen der Verstorbenen das Vergessen bringt; Ein passender Titel für das Eröffnungsstück von Gamma Knife, dem neuen Album von Kayo Dot. Die Band scheint damit sagen zu wollen: Vergesst, was zuvor kam, was ihr über Kayo Dot zu wissen glaubtet, hier beginnt ein neues Kapitel. Tatsächlich bringt Gamma Knife einige personelle und musikalische Veränderungen gegenüber den letzten beiden, an Art-Rock und Gothic orientierten Alben, mit sich. Dabei rahmen zwei Balladen das neue Werk ein, die durchaus eine Kontinuität mit Coyote nahelegen: Das bereits genannte Lethe, mit seinem kurzatmigen Glockenmotiv und der schwermütig nachhallenden Geige eine nahezu perfekte musikalische Entsprechung des einsetzenden Vergessens; Sowie, als Abschluss, das Titelstück – nur Toby Drivers Gesang,  unaufdringlich begleitet von perlenden Klavier- und Gitarrenläufen. Unweigerlich fühlt man sich an Popol Vuh erinnert. Was sich zwischen diesen Ruhepolen abspielt, ist allerdings aus ganz anderem Holz geschnitzt, eine neue Seite der Band und doch in gewisser Weise ein Rückgriff auf die „harten“ Aspekte von Dowsing Anemone With Copper Tongue. Was wir hier zu Gehör bekommen, ist eine merkwürdige Mischung aus diversen Metal-Spielarten und (nicht unbedingt aggressiv-freiem) Jazz. Reizvoll ist vor allem, wie die beiden Stile miteinander konfrontiert werden, wie das zumeist eher phlegmatisch-zurückhaltende Saxophon dem rasenden Treiben eine herbstliche Tönung verleiht, eher darüber schwebend als wirklich Teil davon. Dabei profitiert die Band insbesondere von Keith Abrams‘ (Pak) herausragenden Fähigkeiten am Schlagzeug: In Mirror Water, Lightning Night etwa versöhnt er Gorguts-artige Blastbeats mit jazziger Eleganz und hält die auseinanderstrebenden Teile scheinbar mühelos zusammen. 
Kayo Dot, immer schon ein musikalisches Chamäleon, haben sich hier wieder einmal neu erfunden, mit einem Sound, der einigen aus der Bandgeschichte vertrauten Elementen neue Aspekte abgewinnt. Folgerichtig steht das Vergessen am Anfang und nicht am Ende dieses Albums, denn bei aller Kürze hinterlässt Gamma Knife doch einen bleibenden Eindruck – mit  Songs, die mit zu den Besten der Band zählen.

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