Freitag, 1. Februar 2013

Walter/Halvorson/Evans - Mechanical Malfunction (Thirsty Ear)



Mit Electric Fruit haben Mary Halvorson, Weasel Walter und Peter Evans vor zwei Jahren ihr Debüt als Trio gegeben – ein Debüt indes, mit dem sich das Trio umgehend unter die spannendsten Vertreter der improvisierten Musik einreihte. Das wiederum ist bei genauerer Betrachtung keine allzu große Überraschung, denn in anderen Formationen haben diese drei Musiker natürlich schon seit längerem ihr Können unter Beweis gestellt: Halvorson (Gitarre) und Evans (Trompete) gehören zweifellos zu den gefragtesten jungen Musikern der Improvisationsszene und haben u.a. schon mit Größen wie Anthony Braxton bzw. Evan Parker zusammengespielt. Und auch der umtriebige Weasel Walter – auf diesen Seiten fast schon Dauergast – zählt mit seinem kompromisslosen Musikverständnis zu den interessantesten Figuren der Szene. Ihr neues Werk Mechanical Malfunction stellt nun insofern eine Abkehr von Electric Fruit dar, als es auf dem Vorsatz gründet, die Improvisation in einen stärker ausgeprägten kompositorischen Rahmen zu bannen – was freilich noch lange nicht heißt, dass wir es hier mit Songs im landläufigen Sinne zu tun haben.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Yoshida Tatsuya & Uchihashi Kazuhisa - Barisshee (Tzadik)


Ich gehöre zu der Gattung von Jäger und Musiksammler, die in ihrer Kollektion mehr Wert auf Breite denn auf Tiefe legt. In anderen Worten: Zumeist begnüge ich mich mit ein, zwei Tonträgern desselben Künstlers, da ich oft das Gefühl habe, dass er oder sie damit ohnehin alles gesagt hat, was zu sagen war. Eine der wenigen Ausnahmen stellt allerdings die japanische Schlagzeuglegende Yoshida Tatsuya dar; In meiner Sammlung liegt die Zahl der Aufnahmen mit seiner Beteiligung im satten zweistelligen Bereich. Daraus lernen wir zweierlei: Zum einen, dass der Verfasser dieser Zeilen eine gewisse Wertschätzung für den Meisterdrummer hat (und hoffnungslos dem Nerdtum verfallen ist). Zweitens, dass der gute Tatsuya ein ungemein produktiver Musiker ist, der insbesondere seit dem Ende der Ruins (als Duo) mit vielen – meist japanischen – Avantgardemusikern aufgenommen hat. Darunter finden sich so illustre Namen wie die Pianistin Satoko Fujii oder der Gitarrorist Keiji Haino, wobei freilich nicht immer alles Gold ist, was glänzt. Barisshee, live aufgenommen in der – richtig geraten – Bar Isshee, fügt der langen Liste einen weiteren Namen hinzu, obwohl diese Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Uchihashi Kazuhisa nur für Westler eine Premiere darstellt – in Japan sind bereits mehrere Duoaufnahmen der beiden erschienen.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Menace Ruine - Alight in Ashes (Profound Lore)




„Only fire can separate truth from falsehood“ ist gleichsam als Motto im Layout von Alight in Ashes zu lesen, und treffender kann man dieses neue Werk von Menace Ruine eigentlich gar nicht mehr beschreiben. Das kanadische Duo arbeitet vorzugsweise mit extremen Kontrasten, was sich bereits an der Arbeitsteilung innerhalb der Band zeigt: Während S. de la Moth mit Synthesizer und/oder Keyboards ein, mal tobendes, mal düster orgelndes, Umfeld schafft, steht Genevieve Beaulieus Stimme unbeugsam und entrückt wie eine Statue im Äther. Nirgends wird dieser Kampf der Gegensätze deutlicher als in Set Water to Flames, in dessen über zehnminütiger Laufzeit entfernt pochende Marschrhythmen immer wieder von  Synthesizer-Feuersbrünsten unterbrochen werden; Man kann förmlich hören, wie sich das Holz unter der Hitze des Feuers biegt, wie es ächzt, kracht und schließlich zusammenbricht. Einzig Beaulieus Stimme scheint dem dissonanten Hitzeschrei zu trotzen, bei aller Schönheit doch keineswegs süßlich, sondern von einer entrückten Entschlossenheit, wie ein Märtyrer, der um die Nichtigkeit seiner Leiden weiß.

Donnerstag, 10. Januar 2013

Behold the Arctopus - Horrorscension (Black Market Activities)





Obwohl Horrorscension unter dem „Banner“ von Behold the Arctopus erschienen ist, ist im Vorfeld nicht ganz klar, was wir uns von diesem neuen Album erwarten dürfen. Durch Weasel Walters Einstieg ist die Band, fünf Jahre nach Skullgrid, ganz einfach nicht mehr dieselbe; Walter ist ohne Zweifel eine „starke“ Musikerpersönlichkeit, jemand, der ganz genau weiß, was er will und seinen Vorstellungen für gewöhnlich auch Geltung verschafft. Soweit es mich betrifft, ist das keine schlechte Sache, denn mit den Flying Luttenbachers hat Walter einige der spannendsten und eigenständigsten Alben der letzten Jahre oder sogar Jahrzehnte eingespielt; Es war immer seine Stärke, das Metalgenre gleichsam von außen zu betrachten und daran Aspekte stark zu machen, die den betriebsblinden Nur-Genremusikern nur zu oft entgingen. Demgegenüber konnte ich mich für das letzte Arctopus-Album nicht wirklich erwärmen – es war, wenigstens von meiner Warte aus gesehen, eine sterile und eher langatmige Genreübung, technisch brillant aber ohne zündende Ideen, ein „Tech-Metal“ Album unter vielen. Es scheint also, dass sich das Schicksal der Band in Form eines Godzilla-artigen Kampfes entscheidet: Wer wird obenauf sein, wenn sich der Staub legt, der vielarmige und furchterregende Arctopus (siehe Cover), oder doch der planetenfressende Luttenbacher?

Sonntag, 23. Dezember 2012

No Xmas for John Quays


Hier ist erst einmal Pause bis nächstes Jahr. In diesem Sinne: "Auf Wiederlesen" in zwei Wochen, und nicht vergessen, in mein Best of hineinzuschauen!

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Best of 2012

Hier also der obligatorische Jahresrückblick; Um niemanden zu langweilen, werde ich mir hier Gemeinplätze über die große Menge an guten Veröffentlichungen und die Schwierigkeit, auf dem Laufenden zu bleiben, verkneifen (auch wenn es wirklich so ist). Möge das Folgende für sich sprechen. Nur dies noch: Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf "statistische Korrektheit" oder ähnliches; die Reihenfolge ist, abgesehen von und hinter den ersten fünf Plätzen, nicht allzu genau zu nehmen. Viel Spaß beim Hören und Lesen! (Liste und Hörproben nach dem Sprung)

Dienstag, 18. Dezember 2012

Scott Walker - Bish Bosch (4AD)

Viele, viele Seiten wurden schon mit Scott Walkers seltsamem Werdegang vom Popstar zum Avantgarde-Musiker gefüllt. Eine interessante Geschichte, keine Frage – vor allem wenn man versucht, den Beweggründen, den dahinterstehenden biographischen Wechselfällen nachzuspüren. Noch bemerkenswerter als diese – schon für sich genommen – keineswegs alltägliche Wandlung ist jedoch die Nachhaltigkeit, mit der Walker seine „neuen“, selbst gesetzten Ziele verfolgt: Nie entsteht der Eindruck, der ehemalige Chartstürmer hätte diese seine Richtungsänderung aus Publicitygründen (oder um sich die Anerkennung der Kunstwelt zu sichern, was ja nicht wenige Hollywoodstars versuchen) vollzogen; Nein, Scott Walker tut, was er tun muss, die nach und nach „schwieriger“ werdenden Alben der letzten Jahrzehnte sind Produkte seiner Überzeugung, nicht des sozialen Drucks (In dieser Nachhaltigkeit lässt sich Walker, nebenbei bemerkt, vielleicht nur mit David Sylvian vergleichen).
Freilich, Authentizität ist noch lange kein Garant für gute Musik, und die nackten Fakten, das neue Werk Bish Bosch betreffend, nötigen zur Skepsis. 73 Minuten Spielzeit, eine Band, ein Orchester, elektronische Manipulationen, Macheten (!) und Darmwinde (!!) als Geräuschproduzenten lassen zunächst das Schlimmste, eine lachhaft prätenziöse Geisterbahnfahrt, befürchten….Hat sich Walker, nach dem ohnehin schon sehr ambitionierten The Drift, hier nicht vielleicht doch verhoben?